Bürger*innenbeteiligung und Biotopverbund

Sara Haug (3.v.l.) zu Besuch bei Bürgermeister Karlheinz Kistner (2. v.r.). Bild: Andreas Kubesch

Grüne Bundestagskandidatin Sara Haug im Gespräch mit dem Oberreichenbacher Bürgermeister Karlheinz Kistner

„Für eine lebendige Gemeinde ist aktive Bürgerbeteiligung ein wichtiger Grundstein“, betont Bürgermeister Karlheinz Kistner. So gelang es der Gemeinde Oberreichenbach mit ihren Teilorten Igelsloch, Oberkollbach, Oberreichenbach und Würzbach, als erste Kommune im Land einen Biotopverbund-Plan in Auftrag zu geben, in dem heimische Tierarten geschützt leben und sich bewegen können. Ebenso war es für die Menschen in der Gemeinde wichtig, in allen Ortsteilen einen barrierefreien Begegnungsraum für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.

Lebensqualität durch Nähe ist das Motto der Gemeinde, die sich auch ein Leitbild gegeben hat. Bürger*innenbeteiligung ist auch für Sara Haug, die Bundestagskandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, ein Herzensanliegen. Dafür will sie sich auf Bundesebene einsetzen. Mit Zufallsräten können Bürgerinnen und Bürger besser in Entscheidungen eingebunden werden. So werden Regierungsentscheidungen nachhaltiger und erzielen auch mehr Akzeptanz in der breiten Bevölkerung.

Die Gemeinde Oberreichenbach ist bekannt für eine gelungene Verbindung zwischen Ökonomie und Ökologie in ihrer Denk- und Arbeitsweise. Seit 2009 bringen sich mehrere Arbeitskreise der Bürger*innen ins Gemeindeleben ein. Attraktive Begegnungsräume sind so entstanden.

Schwarzwälder Vollholz

Im evangelischen Kindergarten in Würzbach begrüßte die Leiterin, Petra Hammann, die Besucher*innen. Von seinem alten Standort wurde der Kindergarten an die Grundschule verlegt. Unter breiter Beteiligung von Gemeinderat, Kirchengemeinderat, Lehrerteam der Grundschule, dem Kindergartenteam sowie deren beider Elternbeiräte entstand das neue Gebäude, das durch seine Massiv-Vollholzbauweise CO2 bindet. Gerade im Schwarzwald bietet sich Holz als lokaler Baustoff an. Geheizt wird der Kindergeraten mittels einer Pelletheizung. Der Neubau ist in dieser Form nur unwesentlich teurer gewesen als ein konventioneller Bau in Stein und Beton, dafür aber ökologisch nachhaltiger. Kistner meint: „Wer ökonomisch unterwegs ist, ist auch ökologisch unterwegs.“

Auch bei diesem Besuch kam das Thema Luftfilter für Schulen und Kindergärten zur Sprache. Die Gemeinde hat fünf Geräte für insgesamt 18.000 € aus Eigenmitteln beschafft. Die zugesagte Landesförderung treffe allerdings nicht rechtzeitig ein. Bei vielen anderen Fördermöglichkeiten von Land und Bund seien die Richtlinien so kompliziert und zu kurzfristig, sodass für eine kleine Gemeinde die Antragstellung sehr aufwändig wird.

Kostenfrei zum Dorfmarkt

Für die umweltfreundliche Mobilität für alle Bürgerinnen und Bürger von Oberreichenbach kann zu Fahrten innerhalb der Gemeinde sowie in die Nachbargemeinde ein Elektro-Bürgerauto telefonisch geordert werden. Gegen einen geringen Kostenbeitrag können sich die Bürger*innen von ehrenamtlichen Fahrer*innen holen und bringen lassen. Die Fahrt zum Dorfmarkt ist kostenfrei. Sara Haug durfte das Auto für die Fahrt von Würzbach nach Oberreichenbach nutzen und dabei den Bürgermeister chauffieren.

Im Ortsteil Oberreichenbach, direkt gegenüber dem Rathaus an der B296, befindet sich der Dorfmarkt. Da es wie in vielen kleineren Gemeinden keine anderen Einkaufsmöglichkeiten vor Ort gibt, soll mit dieser Genossenschaft aus 100 Anteilseigner*innen die Grundversorgung der örtlichen Bevölkerung sichergestellt werden, erklärt der stellvertretende Marktleiter, Tobias Wohlgemut. Dabei steht der Kundenservice an erster Stelle. Der Dorfmarkt ist zugleich ein Treffpunkt für die Dorfbevölkerung.

Im Angebot sind Produkte aus biologischem und konventionellem Anbau. Wo immer möglich, wird auf regionale Anbieter zurückgegriffen. Dankbar nahm das Besuchsteam nach der Besichtigung einen Imbiss ein, den das Team des Dorfmarktes vorbereitet hatte.

Wirtschaftlich arbeiten muss der Dorfmarkt, dabei sind die Personalauswendungen der größte Kostenblock. Zweitgrößter Posten sind die Energiekosten, vor allem zum Betrieb der notwendigen Kühlgeräte. Der Strom kommt im Wesentlichen von der Solaranlage auf dem Dach des Hauses. Die Kühlgeräte wurden erst vor kurzem mit Unterstützung von EU-Mitteln erneuert, so dass sie auf dem neuesten Stand sind. Auch eine Weiterentwicklung des Dorfkerns steht in Aussicht: Geplant ist der Bau eines Pflegeheims in direkter Nachbarschaft zum Dorfmarkt.

Oberreichenbach erhält ein neues Rathaus: Ähnlich wie beim Kindergarten, ist auch der Anbau in Massiv-Vollholzbauweise ausgeführt. Das Bauvorhaben wurde gefördert durch das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Sara Haug konnte den Rohbau besichtigen. Neben dem Rathaus ist ein Marktplatz geplant.

Bücherei und Gemeindehaus

Im Ortsteil Igelsloch hat die Gemeinde eine kleine Bücherei im ersten Stock des alten Rathauses eingerichtet. Der Zugang ist barrierefrei über einen eingebauten Aufzug möglich. Die Bibliothek ist für alle kostenfrei. Genutzt wird sie von den Bürgerinnen und Bürgern aus Igelsloch wie auch aus den anderen Teilorten. Betrieben wird die modern ausgestattete Bücherei von sieben ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Alle Bücher sind mit Barcode versehen. Im Haushalt hat die Gemeinde pro Jahr fünfhundert Euro für die Beschaffung neuer Bücher eingestellt.

Zum Abschluss des Besuchstages wurde das neue Gemeindehaus in Oberkollbach besucht, dem größten Teilort Oberreichenbachs, das ebenfalls ein Holzbau ist. Das Kellergeschoss ist allerdings in Massivbauweise ausgeführt. Im Gemeindehaus gibt es neben der eigentlichen Veranstaltungshalle einen kleineren Raum, der aktuell als Corona-Testzentrum genutzt wird. Ausgestattet ist das Gemeindehaus mit einer großen Küche, die für ca. fünfzigtausend Euro angeschafft wurde und die für öffentliche Veranstaltungen und für Veranstaltungen von Vereinen und Institutionen gut genutzt werden kann.

Bürgermeister Karlheinz Kistner wünscht sich von Sara Haug: „Dass Sie sich an uns erinnern und daraus für die ‚große Politik‘ lernen, was im Kleinen in Deutschland bewegt wird, ohne große finanzielle Mittel, mit wenig Bürokratie und ohne dass für jede neue Aufgabe auch erheblich Personal eingestellt wird.“ Zum Abschluss fragte Bürgermeister Kistner nach Sara Haugs Chance auf eine Wahl in den Bundestag: Sowohl als Direktkandidatin wie auch über die Landesliste Baden-Württemberg kann sie ein Mandat bekommen. Jede Stimme für Bündnis 90/Die Grünen zählt, damit das Thema Klimaschutz zukünftig die notwendige Priorität bekommt.

Text: Werner Engeln und Vera Naumann

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