Artenschutz oder Landwirtschaft?

Schmetterlingsexpertin Bettina Demant, Sara Haug, Schmetterlingsexperte Manuel Zahl, Stellvertretender Bürgermeister Bernhard Kraft, Bürgermeister Christoph Schaack, Grünen-Mitglied Werner Engeln und eine Studentin aus der Stadtverwaltung (v.l.n.r.). Bild: Andreas Kubesch

Ist der Schutz eines seltenen Schmetterlings die Aufgabe einer Gemeinde? Der Dunkle Wiesenkopf-Ameisenbläuling zählt zu den zehn gefährdetsten Schmetterlingsarten und ist streng geschützt. Dies erfuhr Sara Haug, die Bundestagskandidatin von Bündnis 90/Die Grünen bei ihrem Besuch in Dobel am 4. August. Der Schmetterling ist nur auf einem kleinen Wiesenstück in Dobel zu finden.

Wenn die Gemeinde als Pate für den Schmetterling einsteht, könnte sie zwischen Artenschutz und Entschädigung der betroffenen Landwirte vermitteln, erwog die Delegation aus Bürgermeister Christoph Schaack, dem Ersten stellvertretenden Bürgermeister Bernhard Kraft, ehrenamtliche Insektenzählerin Bettina Demant, sowie die Grünen-Mitglieder Manuel Zahn, Andreas Kubesch, Werner Engeln und Sara Haug.

Der Wiesenkopf-Ameisenbläuling passt sich an die Vegetation an mit seiner Eiablage. Diese kann also früher oder später erfolgen. Das Wiesenstück wird jedoch landwirtschaftlich für die Futtergewinnung genutzt, und der Landwirt muss sich nach Wetter und Futterbedarf richten. Kritisch ist für den Schmetterling, wenn die Wiese zwischen Anfang Juni und Mitte September gemäht wird. Dies war leider auch in diesem Jahr der Fall, sodass die Schmetterlinge ihren Lebensraum verloren haben.

Hier prallen also Interessen des Naturschutzes und der Landwirtschaft aufeinander.

Gleichzeitig muss aber für den betroffenen Landwirt ein Ausgleich geschaffen werden, wenn er das Gras der Wiese nicht zu allen Zeiten für sein Futter nutzen kann. Eine Lösung kann nur in einem Ausgleich zwischen Artenschutz und Landwirtschaft liegen, was in diesem Fall aber machbar erscheint.

Eingekreist von Rotoren

Bei ihrem Besuch im Rathaus erfuhr die Bundestagskandidatin Sara Haug viel über die lokale Windkraftnutzung. Die Gemeinde Straubenhardt hat Windkraftanlagen an der Gemarkungsgrenze zur Gemeinde Dobel gebaut. Auch die Gemeinde Neuenbürg möchte solche Anlagen aufstellen, ebenfalls an der Gemarkungsgrenze zu Dobel. Das Land möchte zudem weitere tausend Windkraftanlagen errichten, davon 50% im Staatswald. Einer der bevorzugten Standorte ist der Bereich zwischen Dobel und Freudenstadt.

Die Gemeinde sieht sich durch die vielen Windkraftanlagen an der Gemarkungsgrenze in ihrer Funktion wirtschaftlich gefährdet: Als heilklimatischer Kurort mit seinem 160 Kilometer langem Wanderwegenetz lebt Dobel im wahrsten Sinne des Wortes von der Natur. Sara Haug versucht zu vermitteln: „Ich verstehe gut, dass die Gemeinde Dobel nicht noch mehr Windkraftanlagen haben möchte. Um jedoch eine erfolgreiche Energiewende hinzubekommen, brauchen wir insgesamt deutlich mehr Anlagen. Wo diese stehen werden, muss unter Berücksichtigung aller Faktoren entschieden werden. Dabei ist es aus meiner Sicht sehr wichtig, alle Beteiligten mit einzubeziehen. Außerdem brauchen wir in Zukunft deutlich mehr Bürgerwindkraftanlagen, bei denen die Bürger*innen direkt vom Stromertrag etwas haben. So können negative Meinungen über Windkraftanlagen umgeändert werden in eine Möglichkeit des Sicheinbringens und Investierens.“

Der Turnverein der Gemeinde wollte im Staatsforst einen Fitnesspfad einrichten. Fünf Bewegungsgeräte auf einer Weglänge von einem Kilometer waren vorgesehen. Dazu bedarf es der Zustimmung der landesweiten Forstverwaltung, der ForstBW, die jedoch keine Probleme für Vorranggebiete für Windkraftanlagen haben möchte. Jetzt plant die Gemeinde einen alternativen Standort im Kommunalwaldgebiet.

Nach dem Gespräch im Rathaus begab sich die Gruppe zum alten Wasserturm. Dieser wurde 1937 zur Wasserversorgung von Dobel, Neusatz und Rotensol gebaut. Heute wird er als Aussichtsturm genutzt. Aus fünfundzwanzig Metern Höhe konnte sich die Gruppe einen sehr guten Überblick über Dobel und die angrenzenden Gemarkungen der Gemeinde Straubenhardt verschaffen. Gut zu sehen waren die bestehenden Windkraftanlagen sowie die angesprochenen möglichen Standorte für neue Anlagen in der Gemeinde Neuenbürg und im Staatsforst.

Kreisübergreifender Naturschutz

Bei einem Mittagessen im Gasthaus Eyachmühle wurde über die Historie und den langen, steinigen Weg hin zum Naturschutzgebiet Eyachtal gesprochen. Eyachmühle ist ein Ortsteil der Gemeinde Dobel und liegt an der Mündung des Mannenbachs in die Eyach. In Eyachmühle befindet sich das Betriebsgebäude der Mannenbach-Wasserversorgung, welche sehr wichtig ist für die Trinkwasserversorgung von Dobel und umliegender Gemeinden.

In den 1980er Jahren war geplant, die Eyach mit einer großen Staumauer zu stauen und das Wasser bei Niedrigwasser des Neckars abzulassen, um Kühlwasser zum AKW Neckarwestheim zu leiten. Als zweites Argument für das Aufstauen der Eyach kam dann im Laufe der Jahre noch hinzu, dass das Wasser als Trinkwasser für die Stadt Stuttgart genutzt werden könne. Das heutige Naturschutzgebiet liegt in drei Kreisen, dem Enzkreis und den Kreisen Calw und Rastatt, was früher und auch heute noch den Einsatz fürs Eyachtal schwierig macht. Mit der 1983 gegründeten Schutzgemeinschaft Eyachtal konnte schließlich erreicht werden, dass das Tal seit 1999 geschützt ist. Sara Haug dankte den Vertretern der Gemeinde für ihre eindrücklichen Erklärungen.

Text: Werner Engeln und Vera Naumann

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